Bis vor wenigen Monaten lebte der Alltag zu einem wesentlichen Teil von spontanen Begegnungen im Office, vom Austausch von Gedanken und Ideen aus dem Stegreif, einem Witzchen hier, einer Anekdote da. Als Arbeitnehmende war man Teil eines Kollektivs, man gehörte dazu, man mochte die Arbeitskolleginnen und -kollegen gerne um sich haben. Erst recht, seit konventionelle Familiengefüge aufgebrochen wurden und so mancher sein effektives Beziehungsnetz am Arbeitsplatz weiss. Dann kam der erste, dann der zweite Lockdown. Hunderttausende von Franken wurden in zeitgemässe, ergonomisch perfekte Arbeitsplätze fürs Home Office investiert.
Nun sitzt man also tagein, tagaus irgendwo zwischen Kinderbettchen und Bügelbrett zu Hause an der Arbeit. Alle technischen Hürden sind gelöst, die Internetverbindung ist stabil, Soft- und Hardware auf dem neusten Stand. Also Stand alone im doppelten Sinn, man geniesst eine gewisse Eigenständigkeit, steht aber eben auch allein da. All die kleinen Gespräche, das zufällige Mithören von Indiskretionen Dritter, die launige Kaffee- und Rauchpause, die angeregte Diskussion beim gemeinsamen Lunch, der am Kopierer erhaltene neuste Beauty-Tipp der hypen CKO, die Nachbesprechung des Cup-Final vom Vortag, der Einkauf nach der Arbeit, die Verhaltensauffälligen im ÖV bleiben allesamt draussen vor der Tür. Verhängnisvoller ist jedoch, dass die zahlreichen, den Tag hindurch ausgetauschten, fachbezogenen Konversionen gänzlich entfallen oder nur mühsam zustande kommen. Eine Frage zu einem MWST-Detail ist eben leichter in den Raum als via Stream gestellt.
Technik brilliert, Psyche bröckelt, Riten und Aktionen helfen
Inzwischen sind Personalverantwortliche dazu angehalten, die Auswirkungen der Corona-Krise auf das psychische Wohlbefinden der im Home Office weitgehend auf sich selbst gestellten Mitarbeitenden zum Thema zu machen. Es müssen virtuelle Plattformen für ein ungezwungenes Begegnen geschaffen werden. Sie erlauben, die Hemmschwellen impulsiv-spontaner, ganz persönlicher Gespräche über die beim Home Office gegebene Distanz abzubauen. Solche Einzelaktionen ohne arbeitsbezogenen Inhalt sind Gold wert, genauso wie das Institutionalisieren von virtuellen Begegnungsgelegenheiten. Der Austausch mit den Arbeitnehmenden – auch untereinander – und das aufmerksame Zuhören lassen frühzeitig Stressfaktoren erkennen und gezielt eliminieren.
Sechs Beispiele aus unserer eigenen Küche
Auch wir hatten vor einem Jahr einige technische Hürden zu nehmen (siehe unser Post vom 10. Dezember 2020). Davon abgesehen, erlaubten danach diverse Aktionen dem iET-Team den ungezwungenen Austausch untereinander:
Einmal erhielten alle im Vorfeld einer virtuellen Geoguessr-Afterwork-Party per Post Bier, Prosecco und Apérosnacks frei Haus geliefert. Während der Party selbst, spielte die Belegschaft in verschiedene Teams und Rooms aufgeteilt, zunächst gegeneinander, um dann später, sich sozusagen virtuell in den Armen liegend, anzustossen. Während der Adventszeit traf sich das Team immer mittwochs, um sich mit verschiedenen Aktionen gemeinsam auf Weihnachten einzustimmen. Ein anderes Mal wurde jedem Mitarbeitenden ein Mini-Kräutergarten ins Heim geliefert und bei einer weiteren Aktion eine prallvolle Box vitaminreicher Früchte. Im Weiteren richtete iET SA einen Fond ein, der den Teammitglieder half, individuell benötigte oder ergonomisch bessere Arbeitsplatz-Einrichtungen fürs Home Office zu finanzieren.
Diese Aktionen sind auch dank der Initiative einzelner Mitarbeitender zu Stande gekommen. Ähnlich hat sich inzwischen ein interner Meeting-Verhaltenskodex etabliert: Virtuelle Treffen werden öfters mit aktivierten Webcams abgehalten, man ist sich so eben doch näher, als wenn man sich nur mit akustischen Impulsen ein Bild malen muss.
Was ist Ihre Einschätzung?
Sind Investitionen dieser Art fehl am Platz oder notwendig, damit Mitarbeitende über die Krise hinaus an Bord bleiben? Das Unternehmen also mental top dasteht, wenn die neue Normalität aus dem postcovidären Sonnenaufgang auftaucht? Lassen Sie uns Ihre Ansicht, Ihre Gedanken dazu wissen!
Wir sind sicher, dass eine zugewandte, empathische, individuell skalierte Betreuung des einzelnen Mitarbeitenden gerade jetzt von höchster Bedeutung ist. Vielleicht sind die so gelagerten Anstrengungen erste Schritte weg von einem rigoros leistungsorientierten, ausschliesslich auf Profit ausgelegten Führungsstil, hin zu einem gemeinsam erbrachten und somit zu einem kollektiven Gewinn führenden Arbeiten. Zwar weiss die Unternehmenswelt längst, dass dies als Arbeitsmodell von Morgen gilt, hat aber erst während der weltweiten Pandemie richtig damit begonnen, die Weichen dafür zu legen. So hat alles eben auch gute Seiten.
Wie fern sind wir uns in Zeiten des Home Office also wirklich? Egal welche Studie man berücksichtigt (auch die Ergebnisse unserer eigenen Umfrage zeigen das, siehe Kasten), Arbeiten im Home Office ist für rund ein Drittel der Arbeitnehmenden eine besondere Herausforderung, der Rest kommt weitgehend klar damit. Deutlich wird aber auch, dass praktisch die gesamte Belegschaft während des Arbeitens ausserhalb des Unternehmens einer erhöhten Zuwendung bedarf. Werden mit Massnahmen gezielt virtuelle Begegnungsräume geschaffen, steigt die Motivation und das Zusammengehörigkeitsgefühl, während die Hürden zum bilateral geführten formellen und informellen Austausch fallen oder zumindest kleiner werden. Mit etwas Engagement und einer zusätzlichen Prise Zuwendung kann man sich auch in Home Office-Zeiten nahe sein.
Vor einigen Tagen haben wir unsere internen Mitarbeitenden gefragt, wie sie das Arbeiten im Home Office im Allgemeinen empfinden und wie sie unsere Massnahmen zur Schaffung eines integrativen Umfelds während des Arbeitens auf Distanz werten.
Was vermissen die iET’ler im Home Office?
Primär wird der informelle Austausch im Team vermisst, dicht gefolgt vom fachlichen. Das Ausbleiben der gemeinsamen Mittagessen und die beliebten Afterwork-Apéros wird bedauert. In gleichem Masse vermissen unsere Teammitglieder in Home Office-Zeiten die gemeinsamen Sitzungen, Kaffee- und Rauchpausen sowie die klare Trennung zwischen Arbeit und Privatleben.
Wie erleben sich die iET’ler im Home Office?
Unsere Mitarbeitenden haben aus rund einem Dutzend vorgegebener Aussagen zum Verhalten während des Arbeitens im Home Office diejenigen ausgewählt, welche auf sie persönlich zutreffen. Rang 1: «In den Arbeitspausen gehe ich oft an die frische Luft (Terrasse, Balkon, Strasse)» und «Ich rasiere mich seltener / Ich schminke mich nur selten»; Rang 2: «Ich treibe nach Arbeitsende regelmässig Sport»; Rang 3: «Ich arbeite im Home Office rasiert und frisiert, frisch geduscht und adrett angezogen»; Rang 4: «In den Arbeitspausen mache ich oft einfache Dehnungsübungen / Yoga / ähnliches»; Rang 5: «Ich arbeite im Home Office oft im Pyjama oder mit noch weniger an». Ein beruhigendes Ergebnis, oder?
Wie nahe fühlt man sich dem Team während des Arbeitens im Home Office?
Rund die Hälfte unserer Mitarbeitenden fühlen sich dem Team nahe und stufen den Austausch untereinander als recht ordentlich ein. Für 25% ist der Austausch im Team praktisch genauso gut, wie im Büro, 20% erleben den Austausch manchmal als eher kompliziert und fühlen sich zudem etwas vom Team abgehängt.
Home Office – top oder flop?
Über ein Drittel des iET-Teams möchte auch nach der Pandemie vermehrt im Home Office arbeiten, für einen Fünftel ist Arbeiten im Home Office weniger schlimm als angenommen; ein Viertel hat schon vor den Lockdowns regelmässig zu Hause gearbeitet; knapp ein Zehntel ist froh, wenn die Arbeit wieder vom Küchentisch ins Büro zurückkehrt und zwei Mitarbeitende bezeichnen die heimische Arbeitskulisse kurz und bündig als «Horror!».